Antje Schrupp im Netz

„Arbeit, die Spaß macht, ist auch mehr wert“

In: Journal zum Equal Pay Day 2012, hrsg. Von Business and Professional Women Germany, März 2012

Wie viel ist meine Dienstleistung wert? Welchen Preis kann ich dafür verlangen? Eine schwierige Frage, vor der Freiberuflerinnen immer wieder stehen. Ist die Zahl, die man nennt, zu niedrig, hat man wieder einmal dazu beigetragen, das Equal Pay Gap zu vergrößern und sich „unter Wert“ verkauft. Ist sie zu hoch, kriegt man aber womöglich den Auftrag nicht.

Diese Schwierigkeit lässt sich nicht aus der Welt schaffen. Allerdings gibt es da einen kleinen Denkfehler, der sich vermeiden lässt. Und der rührt von einer unausgesprochenen, aber sehr verbreiteten Idee her, die mit Löhnen und Entgelten oft verknüpft ist: dass sie so eine Art Schmerzensgeld für erlittene Unbill seien.

Jedenfalls habe ich früher folgendermaßen kalkuliert: Ist die angebotene Arbeit interessant, habe ich Lust, diesen Auftrag anzunehmen – zum Beispiel weil mir der Kunde sympathisch ist oder mich das Thema auch persönlich interessiert – dann, so dachte ich, kann ich beim Honorar ruhig Kompromisse machen. Ist die angebotene Arbeit hingegen uninteressant, habe ich darauf keine rechte Lust, dann muss sie wenigstens gut bezahlt sein. Damit ich immerhin finanziell was davon habe.

Auf den ersten Blick klingt das plausibel. Wenn man es aber genauer betrachtet, ist so eine Kalkulation unsinnig. Denn sie führt dazu, dass ich entweder gut verdiene, oder aber Spaß an der Arbeit habe. Ideal wäre es aber doch, beides zu haben: interessante Aufträge und gutes Geld.

Das ist auch vom Preis-Leistungs-Verhältnis her angemessen: Denn wenn mich ein Auftrag reizt, mir die Arbeit Spaß macht, dann verkaufe ich ja noch mehr als meine bloße Professionalität und Expertise. Ich bringe auch noch eine hohe Motivation und persönliche Leidenschaft für die Sache mit. Eine Arbeit, die ich gern tue, weil sie mich selbst auch interessiert, werde ich höchstwahrscheinlich besser machen als eine, die mich eigentlich langweilt. Und deshalb wäre es auch in Wahrheit gerechtfertigt, dafür einen höheren Preis zu verlangen.

Es ist schlimm und auch der Sache überhaupt nicht dienlich, wenn Menschen nur arbeiten, um Geld zu verdienen. Vielen Frauen – mehr Frauen als Männern – ist es wichtig, das zu betonen. Und sie haben recht damit. Aber es ist falsch, daraus den Schluss zu ziehen, dass eine Arbeit, die mir auch ein persönliches Anliegen ist, deshalb schlechter bezahlt werden kann. Nein: Ich arbeite nicht fürs Geld. Aber das Geld will ich trotzdem haben. Und zwar mit guten, marktwirtschaftlich plausiblen Gründen.

Seit ich das verstanden habe, gehe ich ganz anders in Honorarverhandlungen. Wenn wieder einmal ein Auftraggeber damit argumentiert, wie gut das Thema doch zu mir passt und wie wichtig die Sache ist, um die es geht – dann antworte ich: Ja. Ein tolles Thema, eine wichtige Sache. Tatsächlich würde ich das unglaublich gerne machen. Und genau das ist der Grund, warum ich dafür gut bezahlt werden will.